Ibn Tulun Moschee Kairo

Warum ausgerechnet Arabisch? Wie kamst du dazu? Gibt es familiäre Bezüge? Diese oder ähnliche Fragen werden mir regelmäßig gestellt, wenn ich von meinem Beruf als Arabisch-Übersetzer und -Dolmetscher erzähle. Zeit, diese Fragen auch in meinem Blog zu beantworten. Angefangen hat es mit frühen Reisen in meiner Kindheit. Dazu kam eine Portion Sprachbegabung, große Reiselust und Neugierde sowie die Liebe zu neuen Herausforderungen. Aber warum Arabisch?

Frühe Prägung

Bildquelle: anonym, Sheikh Zayed Road in 1990, CC BY 3.0

Ein arabisches Land betrat ich zum ersten Mal als kleines Kind. Auf der Arabischen Halbinsel. Auf Durchreise. Ob es zuerst Dubai, Kuwait oder Bahrain war, kann ich heute nicht mehr genau sagen. Auf jeden Fall waren es häufige, mehrstündige Zwischenstopps auf dem Weg zu Verwandten in Südasien. Erst sehr viel später sollte sich der Kreis schließen, als ich zu Sprach- und Forschungsaufenthalten im Rahmen meiner Promotion in die Region zurückkehrte, und die arabischen Golfstaaten besser kennenlernte.

Aber auch wenn Orte wie Dubai, Abu Dhabi oder Doha in den späten 1980-er Jahren noch wenig mit den heutigen Metropolen der Superlative gemeinsam hatten, waren diese Zwischenstopps für mich als Kind sehr eindrucksvoll. Ich erinnere mich an beschauliche Flughäfen in der Wüste oder direkt am Meer, an exotisch klingende Lautsprecherdurchsagen auf Arabisch, an ungewöhnliche Zwischenlandungen für Mitglieder einer Herrscherfamilie, an unbekannte Gerüche, verschleierte Frauen, Männer in arabischen Gewändern, Gebetsrufe von Moscheen. Kurz gesagt, es war fremd und zugleich sehr aufregend.

Sprachbegeisterung und Sprachbegabung

Das Sprachenlernen fiel mir schon immer leicht. Englisch und Russisch zählten zu meinen Lieblingsfächern in der Schule und ich war begeistert, wie mit jeder neuen Vokabel ein Stück jener unsichtbaren Mauer verschwand, hinter der sich für mich neue Welten auftaten. Ein Schüleraustausch führte mich mit 17 nach Russland, mein Zivildienst später nach Georgien und mit Russisch erschlossen sich mir auf weiteren Reisen in den postsowjetischen Raum auch Länder wie die Ukraine, Armenien, Aserbaidschan und Usbekistan.

Besondere Freude hatte ich daran, meine Aussprache so zu perfektionieren, dass ich im Zielland nicht als Ausländer oder Europäer auffiel. Wenn es mir dann zum Beispiel gelang, in russischen Museen die (deutlich preisgünstigeren) Eintrittskarten für russische Schüler zu ergattern oder ein Ticket für den Nachtzug zu kaufen, ohne Verwunderung der Umstehenden auszulösen, war das die schönste Belohnung. Zugegeben: Nicht aufzufallen fiel mir in Russland schon rein äußerlich deutlich leichter als später in der arabischen Welt.

Neue Herausforderung: Arabisch

Russisch und Englisch zu beherrschen, war mir nicht genug. In der elften Klasse suchte ich mir mit Arabisch eine neue Herausforderung. Zunächst mit einem Lehrbuch und ein paar Kassetten ausgerüstet, wagte ich die ersten Versuche im Selbststudium. Das erwies sich als ausgesprochen schwierig. Hinzu kamen unterschiedliche Sprachvarianten und widersprüchliche Informationen, welches Arabisch man am besten (zuerst) lernen sollte. Letztlich fing ich einfach damit an, mir das Alphabet vorzunehmen. Es folgte ein Volkshochschulkurs und schließlich die erste Reise.

Warum meine Wahl gerade auf diese Sprache fiel, kann ich im Rückblick gar nicht mehr genau sagen. Vielleicht, weil Arabisch als eine der schwierigsten Sprachen galt und ich Herausforderungen liebte? Aufgrund der frühen Reisen in meiner Kindheit?  Weil mir Arabisch besonders exotisch vorkam, oder, weil diese Sprache eine der großen Weltsprachen ist und in zahlreichen Ländern gesprochen wird? Es war sicherlich eine Mischung aus allem.


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Die erste Ägyptenreise

Dr. Daniel Falk
Fotos: Daniel Falk 2001

Sprachenlernen war für mich nie ein Selbstzweck. Ich wollte das Gelernte auch anwenden und vor Ort in die sich mir neu erschließende Welt eintauchen. So kam es, dass ich im Herbst 2001 im Flieger saß, auf dem Weg zu einem mehrwöchigen Aufenthalt bei einer arabischen Gastfamilie in Ägypten. Was für ein Land! Ich war erstmal überwältigt von der nie schlafenden Metropole Kairo, den unglaublich vielen Menschen überall, dem Verkehrslärm, Sinneseindrücken aller Art und vielem mehr.

Die klassischen Ziele von Ägyptenreisenden wie Pyramiden, Rotes Meer etc. interessierten mich auf dieser Reise eher weniger. Ich wollte das moderne, das arabische Ägypten kennenlernen. Auf stundenlangen Fußmärschen erkundete ich das Leben in der Großstadt Kairo beidseits Nils, sah, wie dicht gedrängt viele Menschen hier auf engstem Raum zusammenlebten, welche Kontraste zwischen Arm und Reich es hier gab. Ich erkundete Basare, Altstadt, Moscheen, Wohnviertel, Nilinseln, ernährte mich von Foul und Koshari, trank Zuckerrohrsaft und Karkadeh und erlebte die ersten Tage des Ramadans in der Gastfamilie in Kairo und im Nildelta, mit allem, was dazu gehörte.

Zu meinem Leidwesen fiel ich, wenn allein unterwegs, als Europäer recht schnell auf. Nicht nur sprachlich. Mal wurde ich von einer Horde von Kindern verfolgt („What’s your name?“), mal wurde ich in ein Teehaus auf einen Karkadeh eingeladen, mal musste ich mich gegen recht aufdringliche Verkaufstricks von Souvenirverkäufern wehren. Alles in allem bekam ich aber trotz begrenzter Zeit einen überaus vielfältigen Einblick in unterschiedlichste Facetten des ägyptischen Alltags.

Arabisch und der Praxisschock

Für mein Arabisch war dieser Aufenthalt allerdings unglaublich frustrierend. Dass dieser Praxisschock vielen Arabischlernenden früher oder später bevorsteht, war mir damals noch nicht klar. Zwar konnte ich mit meinem – damals noch sehr rudimentären – Hocharabisch immerhin Straßenschilder und andere Wegweiser lesen. Sobald ich allerdings den Mund aufmachte, um die eingeübten Phrasen („Wo finde ich …“, „Was kostet …“, etc.) auszutesten, machte ich mich damit schnell zum amüsierten Mittelpunkt aller Umstehenden (von denen es in Kairo immer ziemlich viele gibt). Immerhin wurde bei dieser Gelegenheit dann meist meine gute Aussprache und mein Bemühen gewürdigt. Gleichzeitig hatte ich aber große Mühe, den ägyptischen Dialekt zu verstehen und war überrascht, wie wenig mir meine Vorbereitungen gebracht hatten und welch geringe Rolle Hocharabisch im Alltag zu spielen schien. Manch ein Taxifahrer versuchte zwar, mir auf Hocharabisch seine Lebensgeschichte zu erzählen. Aber dafür reichten meine Sprachkenntnisse dann auch wieder nicht aus.

Rückblickend war diese Reise trotz allem eine sehr wertvolle Erfahrung. „Wer einmal Nilwasser getrunken hat, kommt wieder“ (اللي يشرب من النيل لازم يرجع له تاني), sagt eine ägyptische Redewendung. Und so erging es auch mir. Im Herbst 2005 schrieb ich mich an der Universität Leipzig für Arabistik und orientalische Philologie, Politikwissenschaft und Geschichte ein. Es folgten Jahre höchst intensiven Sprachtrainings, zahlreiche Reisen und vieles mehr. Mehr dazu in Teil 2.

Bildquelle Titelbild: Pixabay

Ein Gedanke zu “Warum Arabisch? Teil 1”

  • A great story, superbly narrated with which I could identify on quite a few points.
    ملهم للغاية، الله يخليك يا استاذ

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