Arabisch ist eine großartige Sprache. Ich selbst begann vor über zwanzig Jahren damit, sie zu lernen und bis heute steht sie im Mittelpunkt meines Berufsalltags als Arabisch-Dolmetscher, Übersetzer und Dozent. Noch immer gibt es täglich neue Feinheiten zu entdecken, Redewendungen und Sprichwörter, die ich noch nicht kenne, oder neue sprachliche Entwicklungen, mit denen ich mithalten will.
Es gibt die unterschiedlichsten Motive, um Arabisch zu lernen. Die einen interessieren sich für eine neue, fremdartige Sprache. Andere haben arabische Verwandte oder Freunde. Wieder andere benötigen Arabischkenntnisse im Beruf. Gemeinsam stehen alle aber vor vielen Fragen: Ist Arabisch eine schwierige Sprache? Welche Herausforderungen gibt es? Wie geht man am besten vor?
Arabisch – eine schwere Sprache?
Arabisch kann man lernen! Ich denke, es ist eine Frage der Übung und vor allem der richtigen Strategie. Für eine zielgerichtete Herangehensweise braucht man allerdings ein wenig Hintergrundwissen über die wichtigsten Hürden und Herausforderungen, die auf einen zukommen. Mehr dazu weiter unten.
Zunächst möchte ich auf einige Aspekte hinweisen, die das Erlernen des Arabischen vielleicht sogar leichter machen als das Erlernen anderer Sprachen. Fünf Beispiele:
- Die arabische Grammatik kennt nur drei Kasus und die Anwendung dieser Fälle ist vergleichsweise einfach. Zum Beispiel folgt auf alle Präpositionen ausnahmslos der Genitiv. Um Arabisch zu lernen, muss man also nicht wie etwa im Russischen alle Nomen in sechs Fällen deklinieren oder wie im Deutschen lernen, nach welcher Präposition welcher Fall kommt.
- Das arabische Alphabet besteht aus 29 Buchstaben und nicht aus komplexen Schriftzeichen wie im Japanischen und es gibt auch keine Tonalitäten wie im Mandarin.
- Die Wortstellung der arabischen Syntax ist relativ variabel und folgt keiner strengen Reihenfolge aus Subjekt-Prädikat-Objekt wie beispielsweise im Englischen.
- Die Zeichensetzung in arabischen Sätzen ist spartanisch. So können beispielsweise Kommata gesetzt werden, ohne dass ein kompliziertes Regelwerk wie im Deutschen eingehalten werden muss. Man kann sie aber auch ganz weglassen.
- Die meisten arabischen Wörter lassen sich auf eine Wurzel aus drei Konsonanten zurückführen, die durch zusätzliche Präfixe, Infixe und Suffixe ergänzt und durch Veränderungen in Länge und Qualität der Vokale modifiziert werden. Klingt kompliziert? Ja, aber das macht es auch wieder einfacher: Denn wenn man die Anwendungsfälle dieser Modifikationen einmal verinnerlicht hat und z.B. typische Musterstrukturen verschiedener Wortarten und Ableitungen kennt, ergibt sich ein System von großer Logik und Regelmäßigkeit. Je weiter man kommt, desto einfacher wird es!
Nun aber zu den versprochenen fünf Hürden, die es beim Arabisch Lernen zu überwinden gilt.
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Fünf Hürden beim Arabisch Lernen
1. Die arabische Schrift
Die erste Hürde ist den meisten Lernenden bekannt. Die arabische Schrift bringt ihre Eigenheiten und Besonderheiten mit sich. Sie besteht aus 29 Zeichen, die von rechts nach links geschrieben und teilweise miteinander verbunden werden. Großbuchstaben gibt es nicht und die Unterschiede zwischen Druck- und Schreibschrift sind (abgesehen vom individuellen Schriftbild) minimal. Eine Schwierigkeit besteht aber darin, dass die arabischen Buchstaben bis zu vier verschiedene Formen annehmen können, je nachdem, ob sie am Wortanfang, am Wortende, in der Wortmitte oder einzeln stehen.
Eine weitere Herausforderung ist, dass die kurzen Vokale im Arabischen nicht geschrieben werden. Das führt dazu, dass man anfangs – auch wenn man die einzelnen Buchstaben schon kennt – viele Wörter noch nicht richtig lesen bzw. aussprechen kann. Dafür braucht man mehr Hintergrundwissen in Grammatik und Wortschatz. Ich finde es sehr hilfreich, wenn man das von Anfang an weiß und sich darauf einstellt. Dann ist man nicht gleich frustriert, wenn man sich die arabischen Buchstaben mühsam eingeprägt hat und dann immer noch nicht weiterkommt.
Übrigens: Wer die arabische Schrift gelernt hat, der kommt auch mit anderen Sprachen schneller zurecht. Zum Beispiel verwenden auch Persisch oder Urdu die arabischen Buchstaben. Historisch Interessierte können auch z.B. auch osmanische Texte leichter lesen.
Zum Erlernen der Schrift empfehle ich beispielsweise den am LSI der Universität Bochum entwickelten Selbstlernkurs. Auch mit dem renommierten Arabischlehrwerk von Prof. Eckehardt Schulz (mit dazugehöriger E-Edition in verschiedenen Sprachen) kann man die arabische Schrift gut erlernen.
2. Die arabische Grammatik
Muttersprachler indoeuropäischer Sprachen wie Deutsch oder Englisch werden beim Erlernen des Arabischen mit einer völlig anderen Sprachstruktur konfrontiert. Dies macht sich vor allem in der Grammatik bemerkbar. Das bereits erwähnte Wurzelsystem erscheint am Anfang wirklich undurchdringlich und ungewohnt. Ich möchte aber Mut machen, hier durchzuhalten und sich darauf einzulassen. Denn meine Erfahrung ist: Je weiter man vordringt, desto logischer und einfacher wird es. Aber man braucht Geduld.
Ein kleines Beispiel: Wenn man die arabischen Modellstrukturen verinnerlicht hat, kennt man zum Beispiel die typische Wortform „ma-R1-R2-a-R3“ (مَفْعَل). R1, R2 und R3 stehen hier für die drei Wurzelkonsonanten und „ma“ ist das Präfix. Man weiß dann, dass diese Wortart oft den „Ort der Verbalhandlung“ kennzeichnet. Zum Beispiel ergibt sich daraus bei der Wurzel k-t-b (كتب) das Wort „Maktab“, also den „Ort, wo geschrieben wird“, das arabische Wort für „Schreibtisch“ oder „Büro“; oder der bei der Wurzel „t-b-kh“ das Wort „matbakh“ (مطبخ), die „Küche“; oder bei der Wurzel „w-q-f“ (وقل) das Wort „mawqif“, den „Standpunkt“ oder auch „Parkplatz“. So geht das bei vielen Wortformen und mir als Sprachbegeistertem hat es immer viel Spaß gemacht, solche Zusammenhänge zu entdecken.
Der größte Brocken in der arabischen Grammatik sind die Verben und ihre Konjugation. Im Vergleich zum Deutschen und zu anderen Sprachen kommen im Arabischen neue grammatische Personen hinzu, zum Beispiel ein weiblicher und ein männlicher Dual sowie jeweils eine eigene weibliche Form in der zweiten und dritten Person Plural. Schwierig ist vor allem die Konjugation der so genannten schwachen Verben, also der Verben, bei denen einer der drei Stammkonsonanten ein „hamza“, ein „wa“ oder ein „ya“ ist oder bei denen ein Konsonant doppelt vorkommt.
Ich kann nur alle Lernenden ermutigen, dran zu bleiben und eine gewisse Durststrecke durchzuhalten. Denn es gibt viele Regelmäßigkeiten und eine Systematik, die man mit mit der Zeit zunehmend durchschauen und verinnerlichen wird. Zur Verinnerlichung arabischer Sprachstrukturen empfehle ich auch, viel hocharabische Texte anzuhören und mitzusprechen. Auch das (laute) Lesen arabische Texte z. B. aus den Lehrbüchern hilft dabei, ungewohnte Wörter und Grammatikformen zu automatisieren.
3. Die Aussprache arabischer Laute
Viele arabische Laute ähneln denen im Deutschen oder in anderen Sprachen. Buchstaben wie „Mīm“ (م), „Tā′“ (ت) oder „Hā′“ (ه) sind äquivalent zu lateinischen Buchstaben und zur Aussprache im Deutschen. Dazu kommen dann aber zusätzliche Laute und feinere Unterscheidungen bei einigen Lauten, die erst einmal ungewohnt sind. So wird zwischen einem gerollten „Ra“ (ر) und einem tief in der Kehle gesprochenen „Ghain“ (غ) unterschieden. Es gibt ein stimmhaftes „Zāy“ (ز), ein stimmloses „Sīn“ (س) und ein emphatisches „Ṣād“ (ص). Dazu kommen weitere Laute, die es so nur im Arabischen gibt, wie beispielsweise das „cAin“ (ع) oder das „Ḍād“ (ض). Hier gilt es, durch viel Übung zu erlernen, die Unterschiede im Hörverständnis zu erkennen und durch Nachsprechen im Unterricht oder von Audio-Aufzeichnungen die korrekte Aussprache anzueignen. Das ist sehr wichtig, da eine falsche Aussprache einen großen Bedeutungsunterschied machen kann.
In der Online-Version des oben bereits erwähnten Arabischlehrwerk von Prof. Schulz kann man sich alle arabischen Buchstaben vorlesen lassen und nachsprechen.
4. Der arabische Wortschatz
Das Aneignen arabischer Vokabeln kann zu Beginn sehr herausfordern sein, da viele Wörter zunächst ungewohnt klingen und es oft keinerlei Ähnlichkeiten zu bisher erlernten Sprachen gibt. Arabisch ist gegenüber Fremdwörtern strukturell gesehen resistent. Man muss sich also in ein völlig neues lexikalisches System hineinarbeiten und hier hilft oft nur, sich mit Eselsbrücken zu helfen und Wörter im Kontext, mit Bildern und Beispielen zu erlernen. Aber auch hier gilt, was ich schon oben sagte: Je weiter man kommt, desto einfacher wird es. Je mehr Wörter man kennt, desto einfacher kann man lexikalische Bezüge herstellen, sich Wortfelder erschließen und Ableitungen erkennen. Mit zunehmenden Grammatikkenntnissen erkennt man zudem immer einfacher typische Wortstrukturen und versteht neue Wörter auf Anhieb besser und kann sie sich schneller einprägen.
5. Die arabische Diglossie
Abschließend sei hier noch die arabische Diglossie genannt, das Nebeneinander zwischen Hochsprache und Dialekt, über das ich in einem separaten Blogartikel im Detail geschrieben habe. Sich darüber zu informieren, ist vielleicht der wichtigste Punkt, den ich jedem empfehlen kann, der Arabisch lernen möchte oder bereits damit begonnen hat.
Es gibt verschiedene Herangehensweisen an das Erlernen von Hochsprache und Dialekt, und es hängt sehr davon ab, was man erreichen möchte: Will man sich in einem bestimmten arabischen Land mündlich verständigen können, ohne die Schrift zu erlernen? Benötigt man für seinen Beruf nur Lesekenntnisse, z.B. für Medientexte? Will man die Sprache umfassend in Wort und Schrift erlernen und darüber hinaus in der Lage sein, wie Muttersprachler situationsadäquat zwischen verschiedenen sprachlichen Registern zu wechseln und auch stilistisch hochwertige arabische Texte zu verfassen? An vielen Universitäten und Sprachschulen hat sich inzwischen der „integrierte Ansatz“ durchgesetzt, der neben dem Erlernen des Hocharabischen auch die Dialekte einbezieht.
Meine persönliche Emfpehlung ist, zunächst mit Grundlagen im Hocharabischen anzufangen und sich später auf dieser Grundlage auch mit einem oder mehreren Dialekten zu beschäftigen. Dies kann je nach Lernzweck passiv oder aktiv geschehen. Letztlich ist die Frage nach der Lernstrategie aber eine sehr individuelle. Ich berate gerne dazu. Du kannst mir einfach eine E-Mail an mail@falk-translations.com schreiben!